Null Null Wigwam – Die Lizenz zum Freistehen in Spanien – Europareise während Corona

Nun ist es offiziell, wir dürfen und müssen sogar an unserem wundervollen Fleck in der spanischen Pampa freistehen. Die Botschaft, überbracht durch die Guardia Civil, ist in dieser tragischen und unsicheren Zeit eine Erleichterung. Soviel klugen Menschenverstand und Solidarität sucht man in vielen Regionen der Welt aktuell leider vergebens.

Was ist passiert?

Wir waren gerade auf dem Weg von der Algarve in Portugal zurück nach Spanien. Auf dem Plan standen einige tolle Landschaften und Bergketten entlang der spanisch-portugiesischen Grenze im Landesinneren fernab vom touristischen Treiben. Anschließend wollten wir weiter in den angeblich paradiesischen Norden Spaniens.

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Von Ungewissheit und Angst

Gerade einen Tag waren wir wieder in Spanien, als sich die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-19 dramatischer wurde. Wie sehr viele andere Vanlifer verfolgten wir die Nachrichten sehr genau, ging es doch um möglicherweise lebenswichtige und existentielle Entscheidungen.

Wird es schlimmer? Wie schlimm wird es? Was bedeutet es für uns? Müssen wir zurück nach Deutschland? Wie ändert sich die rechtliche Lage? Was würde eine Pandemie mit der Gesellschaft machen? Würden wir als Ausländer noch sicher sein in Spanien? Müssen wir die Reise abbrechen?

Diese und viele weitere Fragen geisterten immer und immer wieder in unserem Kopf herum. Selbstverständliche steht in einer solchen Situation für uns das menschliche Leben an erster Stelle; alles andere ist mehr als zweitrangig. Dennoch muss man auch immer sämtliche Konsequenzen berücksichtigen. Mit einer panischen Flucht ist man eigentlich immer schlecht beraten.

Eine schwere Entscheidung

Als die Lage zunehmend schlimmer wurde und das Virus Spanien schwer traf, stand für uns fest; wir suchen uns einen möglichst abgelegenen Ort und warten bis die Situation besser wird. So wenig reisen und so wenig menschliche Kontakte, wie möglich ist unsere Devise. Glücklicherweise fanden wir einen Ort der einige Kilometer vom nächsten Dorf entfernt ist. Hier verirren sich, bis auf ein Hirte, keine Menschen hin. Es gibt allerdings Wasser vor der Tür.

Wir leben vollständig im Bus und möchten in Deutschland unsere Familie nicht in Gefahr bringen. Die Unsicherheit dieser noch nie dagewesenen Krise war jedoch immer noch da. Was, wenn sich die Lage verschlimmert. Wird es akzeptiert, dass wir hier bleiben? Können wir ohne Probleme Einkaufen fahren?

Uns erreichten Nachrichten von anderen Vollzeit-Vanlifern, dass die spanische Polizei an der Küste sagt „Entweder ihr fahrt nach Hause oder ihr bleibt an Ort und Stelle und bewegt euch draußen so wenig wie möglich, sprich nur zum Einkaufen von Lebensmitteln raus.“ gut, an der Küste ist die Polizei Camper und Touristen gewohnt.

Es gibt zwischen allen EU-Ländern ein Abkommen, dass EU-Bürger zu jeder Zeit in ihr Heimatland reisen dürfen. Somit wäre im Fall der Fälle, sollte einer von uns schwer krank werden oder uns Spanien doch rausschmeißen, eine Rückfahrt möglich.

Die Stolpersteine

Nachdem unser Entschluss feststand, hier zu bleiben, kam noch unsere Auslandskrankenversicherung mit der glorreichen Idee, 14 Tage nach dem das Auswärtige Amt eine Reisewarnung rausgibt, endet die Versicherung für eben dieses Land. In Deutschland haben wir uns von der gesetzlichen Krankenversicherung abgemeldet, da sie nur wenige Leistungen im EU-Ausland übernimmt und zudem erheblich teurer ist. Super, aber die Reisewarnung galt quasi für die ganze Welt. Streng genommen durften wir auch nicht über Frankreich nach Deutschland, da bei der Einreise in ein Land, für das bereits eine Reisewarnung besteht, sofort die Versicherung erlischt.

Millionen Reisende würden von heute auf morgen ohne Versicherung dastehen. Es gibt auch genug, die nicht nur ein Jahr, sondern das ganze Leben im Bus Leben. Sollten all diese Menschen wieder zurück nach Deutschland? Die Kundenhotline vertröstete uns mit den Worten, wir sollten in ein paar Tagen nochmal anrufen. Ja, genau… und so wertvolle Zeit verstreichen lassen. So etwas überlassen wir ungern dem Zufall. Wir hatten schon eine neue Versicherung die uns nochmal für 6 Monate zu guten Konditionen versichert hätte. Dann aber die Einsicht unserer Versicherung, dass ihre Versicherungsbedingungen in diesem Fall keinen Sinn machen. Wir konnten die neue Versicherung also wieder kündigen und genießen weiter vollen Versicherungsschutz. Die Aufregung mussten wir trotzdem ertragen… es gibt zurzeit aber wohl wahrlich schlimmeres.

Endlich Klarheit

Die Angst, dass wir eventuell nicht hier stehen bleiben können, wurde uns dann heute genommen – welch Erleichterung. Wir hatten Besuch von der Guardia Civil. Wir sollen genau hier stehen bleiben, nicht viel in der Gegend rumlaufen und ausschließlich zum Einkaufen wegfahren, anschließend aber sofort wieder an die jetzige Stelle zurück. Sie notierte sich unsere Personalien und das Kennzeichen. Sollte uns unterwegs die Polizei anhalten, können Sie überprüfen, dass wir nur auf dem Weg zum Einkaufen oder auf dem Rückweg sind.

Sofern sich die Lage nicht dramatisch verschlimmert, ist und bleibt für uns die Selbstisolation die beste Lösung. Es ist alles andere als Urlaub oder eine Europareise und auch unsere Freiheit wurde massiv eingeschränkt. Zum eigenen Wohl und dem der Gesellschaft ist das jedoch selbstverständlich. Dass wir die Selbstisolation an einem so schönen Fleck leben dürfen, ist ein riesen Glück.

So verlängern wir die Dauer, bis wir wieder Einkaufen müssen, indem wir selbst Trinkwasser aufbereiten. Schlechte Laune und Kälte an Regentagen bekämpfen wir mit Holzsammeln, Sägen und einem gemütlichen Feuer in unserem Holzofen Olaf. Und Sport, Sport und Bewegung, bloß nicht einrosten, steht an oberster Stelle, gleich hinter Essen, Trinken und Schlafen 🙂

Unser Appell an alle

Niemand kennt die Situation und Hintergründe eines anderen. Lasst verdammt nochmal das gegenseitige Anschwärzen, Vorverurteilen und die Unterstellungen. Niemand braucht eine Moralpolizei oder gar Denunziation. Das ist nur zusätzliches Gift für die Gesellschaft in dieser sowieso schon schlimmen Zeit! Es ist schlimm genug für alle und jeden von uns! Welche Zeit wäre besser als diese, um uns weiter in unserem Unterschied zum Pavian zu üben und die gesellschaftlichen Errungenschaften der Neuzeit zu festigen: Solidarität, Toleranz und gesunder Menschenverstand! 😉

Stay safe, healthy and positive!